Dienstag, 29. Oktober 2013

Schule und Kindergarten - anders als in Deutschland?


Auf jeden Fall! Und die Unterschiede beginnen auch schon im Kindergarten, der, wie ich finde, mehr Ähnlichkeiten mit unserer Grundschule aufweist, als mit etwas anderem.


Noch bevor der Kindergarten beginnt und die Lehrerin da ist, sind die meisten der ca. 45 Kinder schon da, spielen im Dreck (ganz zum Leidwesen ihrer Mütter, die die Uniformen, die die Kleinen tragen, wieder sauber bekommen müssen) und nehmen alles in den Mund was sie finden - von Holzstücken bis hin zu Flaschendeckel.
Wenn die Lehrerin kommt, wird sich in drei Reihen aufgestellt und aus vollem Halse die tansanische Nationalhymne gesungen. Dabei ist es wirklich süß mit anzusehen, wie jeder versucht die anderen in Lautstärke zu übertreffen!
Im Klassenzimmer – es sieht wirklich aus wie ein Klassenzimmer nur mit viel kleineren Tischen und Stühlen – beginnt dann der Unterricht. Schreiben, Lesen, Rechnen und sogar Englisch. Wobei allerdings keine Alterstrennung stattfindet. Alle werden zusammen unterrichtet, was es natürlich sehr schwierig macht. Die Ältesten müssen auf die Grundschule vorbereitet werden, weshalb der Unterricht meistens für sie ausgelegt ist. Dabei langweilen sich die Jüngsten, die das noch nicht verstehen und meistens einfach nur den „Großen“ nachplappern. Wenn die Klasse zu laut ist (was aus diesem Grund häufiger vorkommt), nicht gehorcht oder etwas falsch gemacht hat, wird entweder mit dem Bambusstock fest auf ihren Tisch geschlagen, so dass sie erschrecken, oder sie werden selbst geschlagen! Wenn sie dann weinen – auch wenn sie aus anderen Gründen weinen – werden sie nicht etwa in den Arm genommen und getröstet, wie ich es für „normal“ halte, sie werden meistens einfach stehen gelassen, bis sie aufgehört haben zu weinen. (In solchen Situationen will ich am liebsten immer zu den Kindern laufen, allerdings ist das hier nicht üblich, weshalb man auch sehr komisch angeschaut wird, wenn man das dann macht und weshalb ich es dann nur manchmal mache.)
Das ist etwas, womit ich wirklich nicht zurecht komme. Wie man Kinder als Bestrafung einfach schlagen kann, verstehe ich nicht und ich glaube, dass sich das in diesem Jahr auch nicht wirklich ändern wird.
Diese Methode ist hier so in der Kultur verankert und gewissermaßen kann man das sogar verstehen. Bedenkt man, dass schon die Kleinsten von ihren Eltern durch Schläge erzogen werden, dies sich dann im Kindergarten, Grundschule und in der Secondary School fortsetzt – teilweise sogar in manchen Colleges und Universitäten, wie wir erzählt bekommen haben – ist es kein Wunder, dass diese Kinder es nicht anders kennen und ihre Kinder wiederum auf die gleiche Weise „erziehen“. So zieht sich das in einem fortwährenden Teufelskreis weiter und leider habe ich bisher nur sehr wenige Tansanier getroffen, die gegen die Prügelstrafe sind. Viele verstehen es auch gar nicht, wenn man ihnen erklärt, dass das in Deutschland verboten ist, fragen, wie die Schüler denn dann etwas lernen und bestraft werden und rechtfertigen sich damit, dass diese Art der Bestrafung unter anderem von den Deutschen selbst, während sie in Tansania Kolonialherren waren, eingeführt und etabliert wurde. Auch wird man eher belächelt, wenn man sagt, dass man selbst nicht schlagen wird und lieber zu anderen Bestrafungen, wie z.B. Holz oder Müll sammeln greift.
Aber zurück zum Kindergarten! Wenn die Lehrerin keine Lust mehr hat, oder etwas anderes zu tun hat, geht sie auch einfach mal aus dem Klassenzimmer, sagt zu den Kindern zuvor „lala!“ (Schlaft!) und beauftragt einen der Älteren (mit einem Stock ausgestattet) darauf zu achten, dass alle ruhig mit ihren Köpfen auf der Schulbank liegen bleiben und keinen Quatsch machen. Auch das ist etwas, das für mich schwer zu verstehen ist, könnte man diese Unterbrechung doch als Spielpause für die Kinder benutzen, schließlich sind sie erst im Alter zwischen drei und sechs Jahren. Aber vielleicht kann ich, wenn ich etwas länger dort gearbeitet habe und auch besser die Sprache kann, dieses Thema mal ansprechen und das als Vorschlag bringen...
Zum frühen Mittagessen oder späten Frühstück – was von beiden es sein soll, habe ich leider noch nicht so recht herausgefunden :) - ,bei dem es meistens „kande“ (gekochte Bohnen mit Mais) gibt, setzen sich die Kleinen, nachdem sie alle schön ordentlich die Hände gewaschen haben, an die Wände von einem kleinen Raum und warten, bis die Lehrerin 2-3 der älteren Kinder beauftragt das Essen auszuteilen. Nach dem Essen wäscht immer eine kleine Gruppe zusammen ab und stellt das Geschirr zum trocknen in die Sonne, während die anderen Kinder ein bisschen Zeit zum spielen haben, bis es zurück ins Klassenzimmer geht. Dort wird meistens noch ein kleines bisschen Unterricht gemacht, die Anwesenheit der Kinder kontrolliert oder irgendetwas besprochen. Bevor es nach Hause geht singen alle Kinder immer ein englisches „Goodbye“-Lied und „tanzen“ dazu. Eigentlich wedeln sie vielmehr mit den Armen, aber lustig sieht es auf jeden Fall aus und hört sich auch so an, singen sie doch mehr „gudibai“ als „goodbye“, aber Spaß macht es ihnen auf jeden Fall!
Da ein Teil meines Heimweges der gleiche ist, wie von einigen Kindern, werde ich dabei immer von einer ganzen Horde begleitet, die alle an meinen Händen laufen wollen. Allerdings ist es bisschen schwierig zu laufen, wenn man an jeder Hand 3-6 Kinder hat, wodurch mein Weg immer etwas länger dauert :) Aber pole pole!


In der Schule läuft der Alltag ganz anders ab. Montags wird sich, noch vor dem Unterricht, auf dem Schulplatz, in frisch gewaschenen und gebügelten Schuluniformen, versammelt, die tansanische Flagge gehisst und das Schullied, sowie die Nationalhymne gesungen.
Kommen dabei Schüler zu spät oder gar nicht, werden sie bestraft – auch hier wieder mit Schlägen. Dafür gehen sie in das Lehrerzimmer, suchen einen der vielen Stöcke aus und bringen diesen dann dem Lehrer, der sie auch bestraft. Zum Glück musste ich allerdings bei solch einer Bestrafung noch nicht zu schauen! Für mich ist es schon schlimm genug, wenn ich es höre, was leider des öfteren vorkommt.
Der Unterricht selber läuft recht ähnlich wie bei uns in Deutschland ab, bis auf ein paar kleinere Unterschiede: Normalerweise sollte nur Englisch gesprochen werden, da aber, vor allem die Form 1, noch nicht so gut Englisch können, wird doch öfter noch zusätzlich auf Kisuaheli unterrichtet. Wenn die Schüler etwas sagen, müssen sie aufstehen und wenn sie an die Tafel kommen, um etwas aufzuschreiben, müssen sie mit einem Knicks die Kreide entgegennehmen. Anfangs fand ich das etwas irritierend, aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt.
Woran ich mich allerdings noch nicht gewöhnt habe – und, wie mit den Schlägen als Bestrafung, weiß ich nicht, ob sich das bei mir jemals einstellen wird – ist die „Unterwürfigkeit“ mit der die Schülern den Lehrern entgegentreten. Respekt vor Lehrern ist klar, ist bei uns – zumindest meistens – ja ebenso der Fall, aber hier wirken die Schüler richtig eingeschüchtert. Wahrscheinlich kommt das daher, dass sie jederzeit befürchten Schläge zu bekommen. Leider wird das, in meinen Augen zumindest, von den Lehrern auch ziemlich ausgenutzt (teilweise sagen sie auch, dass sie gern die Schüler herumkommandieren). So werden die Schüler für alles herangezogen – das Essen für die Lehrer ins Lehrerzimmer bringen, das Geschirr spülen, Räume sauber machen... Was bei uns als Bestrafung genommen wird ist hier also gewissermaßen selbstverständlich.
Ich versuche allerdings den Schülern gegenüber ebenbürtig aufzutreten, wobei sie trotzdem noch Respekt vor mir haben müssen. Teilweise ist das allerdings nicht so einfach, da sie es einerseits das Verhalten der anderen Lehrer schon so sehr gewohnt sind und ich andererseits immer bisschen als die Weiße belächelt werde. Ich glaube aber, dass meine Schülerinnen (in der Form 1 gibt es nur Mädchen, weil die Schule in naher Zukunft zu einer Mädchenschule umstrukturiert werden soll) mich mittlerweile schon voll und ganz akzeptiert haben und auch meinen Unterricht gut finden – zumindest schieße ich das aus ihrem Verhalten mir gegenüber :)


Vergangenes Wochenende war die Congratulation der Form 4. Das ist quasi die Zeugnisvergabe an die Abschlussklasse, bevor sie ihre Prüfungen schreiben, woraus eine Art offizielles Fest gemacht wird. (Nachdem die Schüler die Abschlussprüfungen erfolgreich bestanden haben und falls sie das Geld dazu haben, können sie an eine größere Secondary School gehen und dort die Form 5 und 6 besuchen, um danach dann studieren gehen zu können. Der Abschluss der Form 6 ist vergleichbar mit unserem Abitur.) Das war nicht nur schön mit anzusehen, weil es mal wieder etwas neues war, sondern auch weil man alle Schüler zusammen mal ganz ausgelassen erlebt hat und abgesehen davon hat es mich auch bisschen an meinen eigenen Abiball erinnert :)
Die ganze Woche gab es deswegen keinen Unterricht, weil die Schüler mit den Vorbereitungen beschäftigt waren – Tänze einstudieren, Lieder singen, Hütten gegen die Sonne bauen... An dem Tag selber hat man so richtig gemerkt, dass die Schüler der Form 4 ganz schön aufgeregt waren – und schick rausgeputzt waren sie noch dazu!
Zuerst gab es einen Gottesdienst, schließlich ist es ja eine katholische Schule. Danach ging der offizielle Teil los, mit den Aufführungen der Schüler, sämtlichen Reden und natürlich der Zeugnisvergabe und den Ehrungen. Und, wie meistens bei irgendwelchen tansanischen Festen, wurde das ganze moderiert, diesmal von einem Lehrer. Wie bei uns wurden, als dieser Teil vorbei war, wild Fotos gemacht von den Schülern gemacht. So einen Moment muss ja auch bildlich festhalten!! Bevor es dann ans Tanzen ging – wofür extra ein DJ organisiert wurde – gab es noch das typische Essen: Pilau (Gewürzreis), Wali (normaler Reis), Kartoffeln, Erbsen, Kohlgemüse, Fleisch und Wassermelone.
Das Tanzen am Schluss hat mich wirklich am meisten an meinen Abiball erinnert und es war wirklich schön zuzusehen! Selber zu tanzen habe ich dann doch lieber gelassen, wäre bestimmt peinlich für die Schüler geworden, wenn ihre deutsche Lehrerin, die nach ihrem Sinne nicht tanzen kann, zusammen mit ihnen auf der Tanzfläche steht :)


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