Mittwoch, 23. Oktober 2013

Von tansanischen Hochzeiten


Dass unser Vermieter, Faraja, in der Zeit heiraten wird, in der wir hier sind und dass wir wahrscheinlich dazu eingeladen werden, wussten wir bereits bevor wir herkamen. Wie eine tansanische Hochzeit allerdings abläuft, wussten wir nicht.


Zuerst wurden wir zu dem Send-Off von Farajas Zukünftigen in Mbeya eingeladen. Das ist vergleichbar mit unserem deutschen Polterabend. Dafür mussten wir auch keinen Eintritt zahlen. Bei Hochzeiten hier in Tansania muss man nämlich, wenn man zu der richtigen Feier möchte, Eintritt zahlen, ähnlich, wie wenn man für eine Art Festival zahlt. Dadurch bekommt man dann seine „Eintrittskarte“ - hat man diese nicht, kommt man, auch wenn man z.B. die Mutter des Bräutigams ist, nicht in die Halle, in der das Fest stattfindet.

In Mbeya angekommen wurden wir – Constanze, ich und noch 3 weitere Tansanier – in ein sehr luxuriöses und großes Haus gefahren, in dem wir, wie sich im Laufe des Abends noch herausstellte, zusammen mit Farajas Familie auch schlafen sollten. Nachdem wir dort gegessen und bisschen mit Farajas Familie beisammen gesessen haben, ging es dann in die große Halle, in der der Send-Off stattfand. Der war zu diesem Zeitpunkt schon im vollen Gange und wir ich war zuerst irritiert, weshalb wir so spät erst kamen. Das klärte sich allerdings schnell als wir erfuhren, dass die Familie erst später wie alle anderen offiziell in den Saal einzieht und dann vorgestellt wird – Constanze und ich gehörten offiziell mit zur Familie.

Nach weiteren Programmpunkten, wie das Anschneiden der Torte, gab es dann zum zweiten Mal an diesem Abend Essen – und zwar nicht gerade wenig! Die Torten hier sollte man sich allerdings nicht wie eine Torte in unserem deutschem Sinne vorstellen. Es ist eine Art sehr sehr süßer (die Tansanier mögen es gerne wahnsinnig süß!) Rührkuchen, der von einem bunten sehr dickem Zuckerguss umhüllt ist - an diesem Abend kanarienvogelgelb!

Zwischendurch wurde immer mal wieder sehr laut und freudig getanzt, wobei wir natürlich nicht einfach sitzen bleiben durften, vielleicht auch deswegen, weil unsere Tanzstil sehr amüsant für die Allgemeinheit war und wohl auch immer noch ist. Für tansanische Verhältnisse können wir Deutschen nämlich einfach nicht tanzen :)

Das Ende des Abends bestand darin unser Nachtlager, mit noch 7 weiteren Frauen, in einem kleinem Raum aufzuschlagen. Da allerdings der Platz- und Matratzenbedarf größer war als das zur Verfügung stehende, war kuscheln in dieser eher kurzen Nacht angesagt. Aber so konnte einem wenigstens nicht kalt werden :)


Nachdem wir dann – dank zweier Feiertage – die Woche darauf von unserem verlängertem Wochenende in Mbeya wieder nach Ludewa zurückkehrten, waren die Vorbereitungen für die Ankunft der Hochzeitsgäste schon im vollen Gange. Die ganze Außenfassade des Hauses wurde neu gestrichen (leider sieht es jetzt schon nicht mehr ganz so frisch aus), unsere Abstellkammer neben der Küche haben wir wieder zu einem bewohnbarem Gästezimmer umgewandelt und zusammen mit Mama Grace habe ich einen riesigen Berg Mandazi gebacken (Das ist ein süßes frittiertes Hefegebäck, dass gerne zum Frühstück gegessen wird)

Nachmittags kamen dann schon die ersten Gäste an – weitaus mehr wie Farja uns angekündigt hatte, aber so lernten wir gleich seine ganze Familie kennen (in Mbeya war nur ein kleiner Teil seiner Familie anwesend gewesen). Von den kleinen Kindern wurden wir gleich mit Mama Mzungu („weiße Mama“) begrüßt, was wieder zu allgemeinen Belustigung beitrug – auch zu unseren! Kaum nach ihrer Ankunft fingen die vielen Frauen auch schon an riesige Feuerstellen zu errichten, auf denen sie die nächsten Tage bis zur Hochzeit die großen Mengen an mitgebrachten Lebensmitteln verkochen konnten. Zum Glück wurde uns schon vorher erklärt, dass wir uns nicht wundern sollen, wenn die Gäste hier alles selbst in die Hand nehmen würden und kaum Hilfe bräuchten, sonst hätte ich mich glaube ich noch unnützer gefühlt. Aber nach kurzer Zeit haben wir dann doch etwas zum helfen gefunden – Gemüse schneiden :)

Schon am ersten Tag waren es so viele Gäste, dass wir anboten dass auch Frauen zusammen mit uns im Bett oder in unseren Zimmern schlafen könnten, dass es nicht zu eng wird in dem Matratzenlager auf dem Boden. Ich dachte auch, dass eigentlich kaum noch mehr Leute hier Platz hätten, aber dennoch wurden es von Tag zu Tag mehr.. Spätestens am Abend, wenn das Essen fertig war und angefangen wurde zu lauter Musik zu tanzen und sich zu unterhalten, war das Haus so voll, dass nicht mehr alle Leute Platz hatten. So lernten wir auch einen Tanz, der eigentlich immer getanzt werden kann, ob bei Festen, im Chor oder einfach nur so.

Als es am Freitag kurz vor der Hochzeit war, ging das Gewusel erst so richtig los – die Frauen wollten so schick wie möglich aussehen, die Kinder wollten lieber weiterspielen, als in ihre kleinen Anzüge gesteckt zu werden und auch die Männer putzten sich fein raus. Es war also ein ähnliches Durcheinander, wie wenn bei uns in Deutschland die ganze Familie zu so einem Fest geht :) Interessant war allerdings, dass die Frauen generationsweise die gleichen Kleider trugen, so wusste man gleich, wo sie dazu gehörten :)

Während die ganzen Gäste die bereitstehende Autokolonne füllten, die Ladeflächen der Jeeps als Tanzfläche nutzen und die zwei Kleinbusse besetzten, spielte ein Blasorchester, das auch den kompletten Weg zur Kirche Musik machte und das ganze zu einem großen Tanzfest verwandelte. Da die Kolonne anscheinend noch nicht auffällig genug war, fuhren so einige Pikipikis (gedrosselte Motorräder) ständig vor und zurück, fuhren Kreise und machten sämtlich Kunststücke, die ihnen einfielen.

An der Kirche angekommen holte der Bräutigam seine Braut offiziell aus dem Haus des Pastors ab, in dem sie – zusammen mit Familie und Brautjungfern – seit ihrer Ankunft in Ludewa wohnte und lief gemeinsam mit ihr, den Trauzeugen, den Brautjungfern, zwei Kindern, die aussahen, wie ein Minibrautpaar und der ganzen Familie in die Kirche ein. Die kirchliche Trauung war sehr ähnlich, wie bei uns in Deutschland, wenn man davon absieht, dass ständig eine große Gruppe Frauen tanzend und singend nach vorne lief, um das Brautpaar zu feiern.

Bevor es in die große Halle ging, in der der zweite Teil der Hochzeit stattfinden sollte, fuhr die ganze Kolonne, begleitet von tanzenden Kindern und Frauen, mit Umwegen zu einem großem Fußballplatz. Dort wurden dann die professionellen Bilder vom Brautpaar gemacht – mit über hundert Zuschauern, die um sie herum standen (ich glaube in Deutschland würde das kein Brautpaar gern so öffentlich machen!).

In der Festhalle angekommen ging dann der zweite offizielle Teil der Hochzeit los, wobei man sagen muss, dass es ziemliche Ähnlichkeiten mit dem Send-Off hatte.

Nachdem alle Gäste eingetroffen sind, zogen nacheinander erst die beiden Familien, dann die Brautjungfern, gefolgt von den Trauzeugen und schließlich das Brautpaar ein. Dabei wurde alles von einem Moderator (ganz schick in einen Regenbogenanzug gekleidet :)) kommentiert. Nachdem sich das frisch vermählte Paar gegenseitig seine Liebe gestanden hat, wurde die Torte – diesmal in weiß-rot gehalten – angeschnitten und sich gegenseitig mit einem Stückchen davon gefüttert, so wie es etwas später auch mit einem Glas Sekt gemacht wurde. Neben der großen Torte gab es auch noch kleine extra eingepackte Torten, die dann an die Familien verteilt wurden. Auch wurde natürlich denjenigen gedankt, die das ganze Fest vorbereitet und organisiert haben. Zwischendurch gab es immer mal kleine Pausen in denen Musik gespielt und fleißig getanzt wurde oder eine Showeinlage, z.B. von Farajas Bruder, der sang oder einem anderen Gast, der Michael Jackson nachahmte. Vor dem romantischen Hochzeitstanz wurden dem Brautpaar dann die Geschenke übergeben, die, meist sehr praktisch, für den zukünftig gemeinsamen Haushalt gedacht waren. Nach dem Essen, das traditionell mit Händen gegessen wurde, was nicht so praktisch ist, wenn man schick angezogen ist, wurde dann noch bisschen gefeiert – bei weitem nicht so lang, wie bei deutschen Hochzeiten – bis es dann zurück nach Hause ging.


Einerseits sind tansanische Hochzeiten also doch recht ähnlich zu deutschen, andererseits aber auch ganz unterschiedlich. Auf jeden Fall aber wahnsinnig aufregend für „Fremde“, wie uns Freiwillige hier.

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